0664 4237293 kontakt@ww-aktiv.at

Zu einer Zeit, wo die Ein­schrän­kun­gen auf­grund der Coro­na­krise auf ein Min­dest­maß redu­ziert waren, wurde sei­tens der Gemein­de­füh­rung erst­mals eine Beschluss­fas­sung des Gemein­de­ra­tes im Umlauf­weg veranlasst.

Ist das zulässig?
Mit einem Geset­zes­be­schluss des nie­der­ös­ter­rei­chi­schen Land­ta­ges vom April 2020 wurde eine Ände­rung der NÖ Gemein­de­ord­nung beschlos­sen, welche eine Beschluss­fas­sung im Umlauf­weg (zeit­lich befris­tet bis Ende Dezem­ber 2020) oder per Video­kon­fe­renz (zeit­lich unbe­fris­tet) ermög­licht. Vor­aus­set­zung dafür ist das Vor­lie­gen außer­ge­wöhn­li­cher Ver­hält­nisse (z.B. das täg­li­che Leben ein­schrän­kende Maß­nah­men nach dem Epi­de­mie­ge­setz oder Katastrophen)!
Nun wurde im Juni bereits eine phy­si­sche Sit­zung des Gemein­de­ra­tes im Gemein­de­amt unter Ein­hal­tung der Abstands­re­geln pro­blem­los durch­ge­führt. Warum dann also eine Sit­zung im Umlauf­be­schluss im August 2020? Eine Nach­frage zur Recht­mä­ßig­keit dieses Vor­ge­hens ergab, dass die Mög­lich­keit einer Beschluss­fas­sung im Umlauf­weg zwar besteht, aber Ver­an­stal­tun­gen bis 500 Per­so­nen in geschlos­se­nen Räum­lich­kei­ten erlaubt sind und daher ein Wider­spruch zur Sinn­haf­tig­keit der Rege­lung in der NÖ Gemein­de­ord­nung besteht. Daher ist davon aus­zu­ge­hen, dass die gegen­ständ­li­che Rege­lung in der NÖ Gemein­de­ord­nung ver­fas­sungs­wid­rig ist. Solange sie aber nicht beim VfGH ange­foch­ten und von diesem beho­ben worden ist, gehört auch eine ver­fas­sungs­wid­rige Rege­lung dem Rechts­be­stand an und kann ange­wen­det werden.

Welche Beschlüsse wurden gefasst?
Mit den Stim­men von ÖVP und Grünen wurden u.a. die Unter­stüt­zung der Gas­tro­no­mie­be­triebe in der Gemeinde durch eine Gut­schein­ak­tion für jeden Haus­halt, die Stra­ßen­be­zeich­nung „Am Hir­schen­ko­gel“ für die Auf­schlie­ßungs­straße der ehe­ma­li­gen „Krie­ger­gründe“ und Dienst­bar­keits­ver­träge für die Ver­le­gung der Fern­wär­me­lei­tun­gen im öffent­li­chen Gut beschlossen.
Aber auch der Beschluss der Vor­ver­träge für den Ankauf des Grund­stücks für einen künf­ti­gen Nah­ver­sor­ger in Sulz durch die Gemeinde war Teil der Beschluss­fas­sung. So wurde der Ankauf des Grund­stücks der Fami­lie eines ÖVP-Gemein­de­ra­tes zum Preis von €13 pro Qua­drat­me­ter für groß­teils Grün­land und land­wirt­schaft­li­che Nutz­flä­che ohne Dis­kus­sion im Gemein­de­rat ermög­licht. Zum Ver­gleich: Die Basis­preise für land­wirt­schaft­li­che Grund­stü­cke belau­fen sich in unse­rer Gemeinde (Stand 2015) auf ca. €3 pro Quadratmeter.

Keine Unter­stüt­zung dieser Beschlüsse durch Opposition
Die teil­neh­men­den Gemein­de­räte der SPÖ und der WWA haben sich mit Aus­nahme des Beschlus­ses zum Grund­an­kauf (1 Stimme der SPÖ dafür) bei allen Beschlüs­sen der Stimme ent­hal­ten. Dies, weil auf diesem Wege keine Dis­kus­sion zu ein­zel­nen Punk­ten mög­lich war und so auch keine offe­nen Fragen geklärt werden können. Zudem sehen wir der­zeit keine Not­wen­dig­keit einer Beschluss­fas­sung im Umlaufweg.

Umlaufbeschlüsse gerechtfertigt?

Beschlüsse im Umlauf­weg setzen wesent­li­che Rechte der Oppo­si­tion außer Kraft. In nor­ma­len Sit­zun­gen der Gre­mien ist die Prä­zi­sie­rung der Anträge, das Stel­len von Abän­de­rungs- oder Dring­lich­keits­an­trä­gen mög­lich. Vom Rede– oder Fra­ge­recht kann Gebrauch gemacht werden. Die Bevöl­ke­rung kann an öffent­li­chen Sit­zun­gen teilnehmen.
All das ist bei Beschlüs­sen im Umlauf­weg nicht gege­ben. Daher hat der Gesetz­ge­ber diese Art der Beschluss­fas­sung nur unter außer­ge­wöhn­li­chen Ver­hält­nis­sen vorgesehen.
Diese waren im August, wo Groß­ver­an­stal­tun­gen ohne Ein­schrän­kun­gen statt­fin­den konn­ten, nicht gege­ben. Zudem ver­fügt die Gemeinde über aus­rei­chend Räum­lich­kei­ten, (z.B. VAZ, Volks­schule) um Sit­zun­gen auch unter Ein­hal­tung der Abstands­re­ge­lun­gen und der Ein­bin­dung der Bevöl­ke­rung durchzuführen.
Auch die Abhal­tung von Video­kon­fe­ren­zen ist mög­lich, um die grund­le­gen­den demo­kra­tie­po­li­ti­schen Rechte sicherzustellen.

Aus­sendung 63, Sep­tem­ber 2020